Nach langen Monaten heruntergefahrenen gesellschaftlichen Lebens ist eine Ausstellungseröffnung eine gute Möglichkeit, zusammen zu sein, Kunst und Menschen zu sehen und sich darüber auszutauschen.
Der Titel der neuen Ausstellung "Zusammen" im Creative Hub Bremen passt perfekt zum Ausstellungsort, denn man findet dort nicht nur über 100 Projekte, Räume, Ateliers, Vereine, Büros und Werkstätten, sondern auch für viele verschiedene Menschen Arbeits-, Austausch- und Koperationsmöglichkeiten, Coachings und Workshops. Es ist der optimale Ort um zusammen zu arbeiten, zu feiern, zu leben und zu denken.
Aus der Kunstgeschichte ist das Zusammensein beispielsweise aus Bildern von Tiergruppen aus den Höhlen von Lasceaux, aus biblischen Doppelbildnissen wie Adam und Eva oder aus Schlachtengemälden als mehrfigurige Darstellungen bekannt und sogar die diesjährige documenta fifteen hat sich "Kollektivität, gemeinschaftlicher Ressourcenaufbau, gerechte Verteilung und Zusammenarbeit" auf die Fahnen geschrieben.
Die Magie des Zusammenarbeitens hat wohl jede/r selbst schon einmal erlebt, wenn z.B. ein Team ein Ergebnis erreicht, das Einzelnen nicht möglich gewesen wäre. Außer in Teams finden wir uns auch noch in Kollektiven, Partnerschaften, Vereinen, Orchestern, Fussballmannschaften und anderen Gruppierungen als Ansammlungen von Individueen zusammen. Die Management-Literatur der letzten Jahren weist gern auf die Vorteile diverser Teams mit möglichst unterschiedlichen Kompetenzen hin. Ein bekanntes Beispiel dafür finden wir in nächster Nähe im Märchen der Bremer Stadtmusikanten, wo man sich einerseits vom Auftritt als „Chor“ gemeinsamen künstlerischen Erfolg verspricht, und wo andererseits die speziellen Fähigkeiten jedes Einzelnen entscheidend zum Sieg über die Räuber verhelfen.
Die in der Ausstellung gezeigten Werke nehmen das Thema "Zusammen" auf inhaltlicher, konzeptueller oder materieller Ebene auf.
So stellt uns Birgit Heimburg die Fabel der Kugelmenschen aus der Antike vor, bei Karin Bredow sehen wir Menschen Nigerias in stammeszugehörigen Bekleidungen, Judith Dannemann zeigt anrührend das Vertrauen zwischen einem Kind und einer erwachsenen Person und Timo Willgerod ein junges Paar, das uns in Lebengröße gegenübersteht und mit dem wir in Dialog treten könnten. Ully Schneider erlaubt sich mit seinen "Kommunizierenden Röhren" einen Scherz auf menschliche Kommunikationsmuster und Christian Peters hinterfragt das Zusammensein als Antithese. In Uwe Köhlers "Ruder 2er" sehen wir ein eingespieltes Team und die "Geschichtenerzähler" von Cosima Schierenbeck treten uns als Gruppe aktiver Figuren gegenüber. Bei Claudia Gattner bewegen sich Eisläufer zum Wiener Walzer - wie auch die kreisförmig gruppierten Figuren bei Petra von Seggern als Form eines Tanzes gesehen werden können. Dörte Schmidts Botschaft über die Menschheit lautet "einzeln sind wir Töne, zusammen sind wir ein Lied".
Auf materieller Ebene überraschen uns Karin Pörtner mit unerwarteten Materialkombinationen im Objektrahmen, Peter Holz mit einem kleinen Vulkan, Brigitte Ogiolda mit "vielschichtigen" Arrangements aus Fotografien ferner Länder kombiniert mit Bremer Fundstücken. In Kristiane Mittags Bildern verbinden sich Farbflächen zu sinnvollen Gebilden, deren Funktion oder Wirkung mit eigenen Assoziationen verknüpft werden können und Hildegunde Krawinkel zeigt uns das gleichberechtigte Zusammensein von Bild und Text als neues Ganzes.
In der Gruppe der experimentell-konzeptuellen Arbeiten hat Heiko Ahrens mehrere Dreiecklatten zu einem beeindruckenden physikalischen Experiment kombiniert, das sich durch Daran-Vorbeigehen erschließt. Rebekka Kalbas und Uwe Teichmann präsentieren uns als "Zusammenwerk" im Wortsinn Ausschnitte aus ihrem Gemeinschaftsprojekt "1000 Teile", an dem sie tatsächlich gemeinsam arbeiten. Bei Heike Seyffarth sind ähnliche, aber nicht identische kreisende Gedanken in 12 Köpfen zu sehen. Werner von Buchka lässt uns an fotografischen Experimenten teilhaben, die nur durch die präzise Zusammenarbeit zwischen den Personen vor und hinter der Kamera erreicht werden können.
Ausstellungsgäste sind eingeladen, in den präsentierten Werken nach weiteren gemeinsamen Andeutungen zu Musik, Tanz, Bild-Text-Kombinationen, dem überraschend häufig auftretenden Motiv der Zickzacklinie und weiteren Erkenntnissen zu forschen.
Ein herzliches Dankeschön geht an alle, die die Ausstellung an diesem Ort ermöglicht haben: dem Creative Hub-Team, der Gewoba für die Zwischennutzungsmöglichkeit sowie an alle ausstellenden Künstlerinnen und Künstler.
sprach: Heike Seyffarth, Kuratorin der Ausstellung