Pilze: Ronnys ganz große Liebe (wenn auch nicht die einzige)

Über Farm, Pfannen und Projekte

Ein kaum noch wahrnehmbarer Geruch von Kaffee, etwas modrig, fast wie ein herbstlicher Wald. Die feuchte Luft, die sich fast zaghaft auf deiner Haut niederschlägt. das leuchtende Gelb reifer Zitronen, das zarte Pink von Flamingos oder das kräftige Kastanienbraun. 

Nur ein paar Eindrücke aus Bremens nachhaltiger Pilzfarm. 

Wie die Pilze so wächst auch die Farm. Ab Februar werden die Pilze in der Esmarchstraße 1 (Bahnhof Sebaldsbrück) aufwachsen. 

Das Schöne ist, ihr könnt in den Genuss dieser Pilze kommen und Ronny damit gleichzeitig Planungssicherheit geben, wenn ihr euch für ein Pilzabbo entscheidet. 

Hey Ronny, du und Pilze = die ganz große Liebe? Wie kam es dazu?

Schon irgendwie, wenn auch nicht die einzige. Das Segeln hat einen ähnlichen Stellenwert in meinem Leben. Dazu kam es vor allem durch meinen Dad, der uns bereits früh mitgenommen hat, wenn er "in die Pilze" ging. Dabei hat er von Anfang an erzählt was er da sammelt und wie Mensch sie erkennt. Danach wurden sie zubereitet und verspeist. Wobei ich gestehen muss, dass es Jahre gebraucht hat, bis ich mich getraut habe die Pilze zu probieren, da ich durch die Dosenchampignons, die meine Mom verwendete dachte, dass alle Pilze so "scheiße" schmecken. Als Kind sieht man den Unterschied wahrscheinlich noch nicht so. Das erste mal eine Pilzpfanne aus selbst gesammelten Pilzen war dann eine Offenbarung und ich gecatcht.

Was denkst du, sollte jede*r über Pilze wissen? 

Pilze sind unersetzlich für unser Ökosystem. Sie sorgen unter anderen dafür, dass Werstoffe zersetzt werden und Pflanzen wichtige Nährstoffe erhalten. Außerdem gibt es sie überall, wo einige von ihnen krasse Symbiosen mit unseren Pflanzen eingehen.

Kann jede*r zuhause selbst anbauen? Wie viel Zeit nimmt eine solche Tätigkeit in Anspruch?

Definitiv ja. Mit einem "Pilzpaket" ist der Aufwand verschwindet gering. Das tägliche Einsprühen mit Wasser ist in unter einer Minute erledigt und die erste Ernte in der Regel bereits nach einer Woche eingefahren. Möchte mensch größere Teile des Prozesses abdecken, dauert es schon länger. So dauert das Ansetzen von neuen Substrat (bei mir 25kg) inkl. abholen des Cafésatzes schon bis zu 3h insgesamt. Das liefert aber auch gut und gerne 5kg frische Pilze. Der Zeitaufwand ist insgesamt stark davon abhängig welche Sorte angebaut werden soll und vor allem was für Substrate zur Verfügung stehen.  Pelletiertes Material z.B. ist bereits pasteurisiert und kann zumindest theoretisch einfach mit Wasser und Brut gemischt werden. Auch hierfür ist der Aufwand auf unter einer Stunde zu beziffern. Die klimatischen Bedingungen in unseren Wohnungen sind nahezu ideal für Seitlinge aller Art. Die Zimmertemperatur von 20°C und indirektes Licht wird nahezu überall verfügbar sein. Die hohe Louftfeuchtigkeit immitieren wir dann einfach durch eine Sprühflasche.

Du bist auch noch in anderen Gartenprojekten involviert, kannst du etwas darüber erzählen?

Am liebsten wäre ich noch in so vielen anderen Projekten involviert, aber das Rotkäppchen ist mir ans Herz gewachsen. Dort kam Anfang letzten Jahres ganz viel in Bewegung, insbesondere die Vorstellung einen Ort zu schaffen, der von möglichst vielen Menschen genutzt wird und so breit akzeptiert wird wie möglich fand ich spannend. Was besonders zu Zeiten von Corona positiv war, wir konnten draußen gemeinsam arbeiten und der Stadt ein Stück "bessere" Welt basteln. Einfach ein Ort für alle. Für mich persönlich war der Ort unheimlich heilsam. Zu der Zeit befand ich mich so ziemlich auf dem Höhepunkt meiner Cannabisabhängigkeit und war kaum noch in der Lage einen Fuß vor die Tür zu setzen. Der Garten und die Menschen haben es tatsächlich geschafft, dass ich Motivation aufbringe rauszugehen. Das ging damals auch nicht ohne Konsum, aber ich hatte das Gefühl dort darf ich einfach sein. Das gab mir dann auch schlussendlich die Kraft eine Therapie durchzustehen. Mittlerweile ist der Garten den Kinderschuhen entstiegen und für die nächsten 5 Jahre am Rembertikreisel. Nicht unser Lieblingsort so dicht an einer wirklich viel befahrenen Straße, aber gemeinsam schaffen wir es auch hier langsam und allmählich eine Oase für möglichst viele zu schaffen. Gerade kann ich mir tatsächlich nicht mehr vorstellen, dass ich nicht mehr aktiv im Rotkäppchen sein werde. Dafür habe ich zu viel mit diesen Garten und den Menschen dort erlebt.

Was hat Pilzzucht mit Nachhaltigkeit zu tun?

Am liebsten würde ich sagen "ALLES", aber das wäre zu plakativ und stimmt auch so pauschal nicht. In der Natur sorgen unteranderem Pilze dafür, dass der Nährstoffkreislauf geschlossen wird. Nachhaltigkeit beziehe ich persönlich aber nicht nur auf die Natur oder unsere "natürliche" Umwelt, ich denke sie viel größer. So bedeutet Nachhaltigkeit für mich, dass möglichst alle involvierten Systeme keinen langfristigen Schaden nehmen dürfen. Dazu zählen neben der belebten und unbelebten Natur auch unsere Gesellschaft, Menschen im speziellen. Eine Pilzzucht irgendwo in einer großen Lagerhalle, hochautomatisiert, wo Menschen möglicherweise ungeschützt und unterschlechten Bedingungen arbeiten ist für mich nicht nachhaltig. Ähnlich wie der Transport von Pilze quer über Kontinente. Das Verwerten von Reststoffen, das Vermeiden von soviel (Kunststoff-)Müll wie möglich, das "Düngen" von Böden mit "aufgebrauchtem Substrat, das Befähigen von Menschen selber Pilze anzubauen und auch das schaffen von einkömmlicher, zufriedenstellender Arbeit kann für mich ein Zeichen für mehr Nachhaltigkeit setzen. Es gibt einfach viel zu viele Baustellen und Pilzzucht ist nicht die Lösung schlechthin, aber sie kann konsequent gedacht einen Beitrag leisten. Wer einmal die eigenen Pflanzen oder Pilze hat wachsen sehen, weiß vermutlich wie befriedigend dieses Gefühl ist. Und wenn damit noch die Welt ein Stück schöner würde, wurde meiner Meinung nach vieles richtig gemacht.

Hast du einen Lieblingspilz?

Es gibt einige Pilze, die ich sehr schätze. Wobei es einen Pilz gibt, mit dem ich ganz besondere Erinnerungen verbinde. Dies ist der Riesenbovist. Er kann mehrere KIlogramm schwer werden und schmeckt hervorragend als vegetarische oder vegane Schnitzel.

Nachdem ich den Ort meiner Geburt mit all meinen Freunden verlassen musste, kam ich in den Herbstferien zu meinem Dad zu Besuch. Wir ließen Drachensteigen und er flog weg, also sind wir kurzerhand mit dem Rad hinter her. Irgendwann waren wir am "Arsch der Welt" und wir wollten ohne Drachen den Weg nach Hause über eine Weide abkürzen. Die Kühe fanden das nicht so toll und "stürmten" gefühlt hinter uns her. Dabei stolperten wir regelrecht über einen Bovist. Ich erinnerte mich sofort an diesen Pilz, weil ich als kleines Kind mit meinem Dad schonmal einen gefunden hatte (ich bin ohne Aufsicht zu weit in ein Moor und Papa musste mich rausziehen) und diese Schnitzel einfach der Hammer waren. Freudestrahlend haben wir den mitgenommen und zuhause angekommen stolz präsentiert. Er wog fast 5kg und wir verteilten ihn noch immer klitschnass vom Regen an die gesamte Nachbarschaft. Ja ich glaube das ist so ziemlich der Pilz mit dem ich am meisten verbinde.

Du wünscht dir auch ein Pilzabo?

Für 16€ bekommt ihr 2 mal im Monat erntefrische Seitlinge. 

Für näheres und zum Bestellen einfach eine Mail an: neighbourshrooms@posteo.de

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